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Station 10
Die Kleinbahntrasse in Hiddenhausen

Die Industrialisierung Westfalens ist bekanntlich durch den Bau der Eisenbahn im 19. Jahrhundert nachhaltig gefördert worden. Zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit war es nun möglich, Massengüter billig über große Entfernungen in kurzer Zeit zu transportieren. Um die Jahrhundertwende war der Ausbau des Streckennetzes weitgehend abgeschlossen.

In den folgenden Jahren wurden die ländlichen Randgebiete durch den Bau von Nebenstrecken und Kleinbahnen verkehrsmäßig erschlossen. 1903 wurde die Strecke Bünde - Bassum - Bremen gebaut. Schweicheln erhielt einen eigenen Bahnhof und damit Anschluss an die großen Ost-Westverbindungen der Staatsbahn.
Nachdem der preußische Staat 1892 die gesetzlichen Grundlagen für den Bau von Kleinbahnen geschaffen hatte, wurden im Kreis Herford verschiedene Projekte beraten. Wegen der hohen Kosten konnte nur eins realisiert werden: die Herforder Kleinbahn. Nicht gebaut wurde u. a. die Strecke Enger - Bünde - Kirchlengern und die seit 1905 geplante Strecke Herford - Bünde über Eilshausen und Hiddenhausen.

Die Herforder Kleinbahn sollte die Gemeinden zwischen Vlotho und Wallenbrück mit der Stadt Herford verbinden. In Enger erhielt die Strecke Anschluss an die Bielefelder Kreisbahn. Am 10. 8.1900 konnte der erste Streckenabschnitt zwischen Herford und Enger dem Verkehr übergeben werden. In den nächsten Jahren folgten weitere Abschnitte. Seit dem 27. 5.1903 konnte die Strecke Vlotho - Wallenbrück durchgehend befahren werden.

Im Bereich der heutigen Großgemeinde führte die Trasse der Kleinbahn durch die südlichen Ortsteile. Fahrgäste aus Sundern stiegen an der Haltestelle Füllenbruch ein oder aus. Diese Haltestelle lag auf Herforder Stadtgebiet an der inzwischen stark veränderten Ecke Bünder Fußweg - Füllenbruchstraße. Die Lippinghauser benutzten die Bedarfshaltestelle an der Ziegelstraße. Bahnhöfe gab es nur in Oetinghausen.
Der „Kleinbahnhof Oetinghausen" lag im Ortszentrum an der Eilshauser Straße; er wurde 1978 abgerissen. Der zweite Bahnhof befand sich in der „Oetinghauser Heide", er war identisch mit der inzwischen ebenfalls abgerissenen Gaststätte „Westfälischer Hof'.

Beide Bahnhöfe waren im Besitz von Privatpersonen, die vertraglich an die Kleinbahngesellschaft gebunden waren. Beide - sie waren zugleich Wirte - stellten der Kleinbahn Warteräume zur Verfügung, verkauften vor der Elektrifizierung Fahrkarten und wickelten den Frachtgutverkehr ab. Die Zahl der Fahrgäste blieb in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg ziemlich konstant.

Am Bahnhof Oetinghauser Heide zählte man täglich 62 Personen. In den Sommermonaten stieg die Zahl der Fahrgäste durch den Ausflugverkehr sprunghaft an. Bedeutender als der Personenverkehr war in dieser Zeit wohl der Güterverkehr. Zahlreiche Nebengleise für Industriezwecke wurden in dieser Zeit gebaut, darunter auch 1906 das Gleis zur Margarinefabrik Meyer-Lippinghausen. Bis zum Jahr 1930 zogen Dampflokomotiven die Züge, die Elektrifizierung, die damals durchgeführt wurde, kam nur der Personenbeförderung zugute.

Eine zweite Blüte erlebte die Kleinbahn nach dem Zweiten Weltkrieg. 1947 stiegen die Beförderungszahlen im Personenverkehr auf 4,5 Mill. Fahrgäste im Jahr, gingen nach der Währungsreform zurück und pendelten sich bei 3 Mill. im Jahr ein. 1962 begann das Sterben der Kleinbahn in Etappen. Zunächst wurde die Strecke Vlotho - Herford stillgelegt, am 24. 4.1966 verkehrte dann auch der letzte Personenzug auf der Reststrecke Spenge - Herford.

Der Individualverkehr hatte den Sieg davon getragen. EMR-Busse befördern seitdem die wenigen Fahrgäste.
Nach der Stilllegung der Kleinbahn wurden die Gleise abgebaut und die Trasse zu einem Wanderweg aus-gebaut. Eine Wanderung ist vor allem für Naturfreunde interessant, denn das Naturschutzgebiet mit einer Größe von 61 ha innerhalb des Füllenbruchs kann in seiner längsten Ausdehnung durchwandert werden. Der Weg führt vorbei an neu angelegten Artenschutzteichen, die sich selbst überlassen bleiben. Hier im Füllenbruch sind Kiebitze, Rohrweihen und Beutelmeisen anzutreffen, aber auch der Grasfrosch und die Erdkröte, und im Düsedieks Bach sind der Wasserfrosch und der dreistachelige Stichling zu Hause. Als Pflanzengesellschaft ist die Sumpfdotterblumenwiese besonders erwähnenswert. Für die besonders schützenswerten Flächen wird eine Extensivierung der Nutzung angestrebt.

Der Fotograf dürfte auf dieser Etappe genügend Motive finden.

Literatur:
Kotte, R.: Die Herforder Kleinbahnen, Lübbecke 1986.
Düllmann, D.: Die Herforder Kleinbahnen GmbH, Herford 1986 - hrsg. vom EMR.
Krull, R./Stockhecke, K./Uffmann, R.: Einmal 3. Klasse nach Enger..., Bielefeld 1987. - Katalog zur Wanderausstellung 1987-1989.

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