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Station 8
Der Bäumerhof in Sundern

Die Geschichte des Bäumerhofes und der ganzen Ortschaft Sundern ist eng verknüpft mit der Geschichte der Fürstabtei Herford. Die Fürstabtei, einst 789 als Damenkloster für Töchter aus dem sächsischen Hochadel gegründet und später in ein freiweltliches Damenstift umgewandelt, war gut 1000 Jahre lang der größte Grundherr im Herforder Raum. Die mit der Grundherrschaft verbundenen Rechte ermöglichten dem Damenstift, ein waldreiches Gebiet auf dem Südhang des Schweichler Berges aus der bäuerlichen Nutzung auszuklammern und ihn als „Sundern" der jeweiligen Äbtissin zur Sicherung ihres Lebensunterhaltes zu überlassen. Eine von ihnen ließ sich in diesem Sundern einen herrschaftlichen Sommersitz errichten. Nach Meinung von Zeitgenossen lag er „an einem gar lieblichen Ort" und trug den Namen „Solitüde".
Der Sommersitz war auch Zufluchtsort, wenn die Pest wütete oder wenn die Äbtissin sich bedroht fühlte (Reformationswirren). 1765 wurde die „Solitüde" wegen Baufälligkeit abgerissen und nicht wieder aufgebaut. Zum Sommersitz gehörte auch ein Wirtschaftshof, der die Äbtissin und ihr Gefolge mit allem Lebensnotwendigen zu versorgen hatte. Seine Lage ist gut bekannt. Auf seinem Hofplatz steht heute der Bäumerhof. Im 16. Jahrhundert ließ die Äbtissin den Wirtschaftshof durch eigens dafür eingesetzte Vögte (Verwalter) bewirtschaften. 863 Scheffelsaat Land, darunter 314 Sch. Gehölz und 290 Sch. Ackerland, gehörten dazu sowie 5 Teiche. Das entsprach in etwa der Größe des heutigen Ortsteils Sundern. Seit dem 18. Jahrhundert ließen die Äbtissinnen den Sundern verpachten. Die jährlichen Pachteinnahmen betrugen 900 -1000 Taler. - Das Jahr 1803 brachte dann das Ende des Damenstiftes und des Wirtschaftshofes in Sundern. Das Vermögen fiel dem preußischem Staat zu, und damit begann eine neue Zeit.

Während der napoleonischen Zeit waren die Gebäude des Wirtschaftshofes so verfallen, dass sie durch Neubauten ersetzt werden mussten. Der preußische Staat scheute den Kostenaufwand von 5000 Talern. Stattdessen ließ die Regierung den „Sundern" parzellieren und an kapitalkräftige Käufer in Erbpacht veräußern. Johann Heinrich Niederbäumer, Sohn des Niederbäumers an der Bielefelder Straße in Herford, erwarb 1817 vom Staat 54 Morgen und 159 Ruthen Land in Sundern. Dafür musste er ein einmaliges „Erbstandsgeld" in Höhe von 3200 Talern entrichten und sich zur Zahlung eines jährlichen „Erbpachtkanons" verpflichten.

H. J. Niederbäumer ließ die alten Gebäude abreißen und durch den großen „Vierständerfachwerkbau" ersetzen (1819). Dabei wurde die zur Bünder Straße zeigende Fassade, die heute unter Denkmalschutz steht, repräsentativ gestaltet. Der verbretterte Giebel kragt vor und wird von geschnitzten und bemalten Knaggen gestützt. Der Dachbalken, auf dem der Giebel ruht, ist mit Bibelsprüchen verziert. Das Deelentorgestell ist reich ornamentiert. Der Querbalken über dem Deelentor ist durch Knaggen in vier Felder gegliedert. Das vier-, auf den Kopfbändern sechszeilige Schriftband spiegelt das Selbstverständnis des größten Erbpächters in Sundern wider.

„Bäumer" im ursprünglichen Sinn als Schließer eines Schlagbaumes ist der Besitzer des Hofes nie gewesen, auch nicht nach dem Ausbau der Bünder Straße im 19. Jahrhundert. Im Laufe der Zeit hat sich manches verändert. Von den fünf Teichen ist leider nur einer übrig geblieben. Er verleiht dem Hof sein unverwechselbares Äußeres.

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